Gender Pension Gap: Es braucht mehr Sensibilisierung

Gender Pension Gap: Es braucht mehr Sensibilisierung

Podiumsdiskussion organisiert von BPW Club Zug und der Frauenzentrale Zug, 20. Juni 2023


Veröffentlicht: 23.06.2023

In der Schweiz verfügen Frauen im Alter über 37 Prozent weniger Vorsorgekapital als Männer. BPW Club Zug und die Frauenzentrale Zug organisierten zu diesem Thema eine Podiumsdiskussion, die beleuchten sollte, woher diese Lücke kommt und was dagegen getan werden kann.

Jasmin van den Heuvel, Präsidentin von BPW Club Zug, eröffnete den Abend im Theater Casino Zug, der unter dem Motto "Was Wirtschaft und Politik zu tun haben" stand. Sie übergab das Wort an Moderator Raphael Prinz, TV-Korrespondent für die Zentralschweiz bei SRF, der die Impulsreferentin Jackie Bauer, Ökonomin und Vorsorgeexpertin bei der UBS, vorstellte.

In ihrem Impulsreferat erläuterte Jackie Bauer zunächst die 3 Säulen der schweizerischen Vorsorge: erstens die staatliche Vorsorge, d.h. AHV mit dem Ziel der Existenzsicherung, zweitens die berufliche Vorsorge zur angemessenen Erhaltung des Lebensstandards und drittens die private Vorsorge. In allen 3 Säulen gibt es ein Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen. Die markantesten Unterschiede existieren in der 2. Säule, die das wichtigste Standbein für das Leben im Rentenalter ist. Die Folge davon ist, dass Frauen mehr Ergänzungsleistungen und Hilflosenentschädigung benötigen.
 
Jackie Bauer erläutert den Gender Pension Gap

Jackie Bauer erläutert den Gender Pension Gap
Bei der anschliessenden Diskussion über mögliche Lösungen brachte Moderator Raphael Prinz verschiedenste Aspekte ins Gespräch. Auf die Frage, wie sie sich die Zukunft vorstelle, entgegnete Tina Deplazes, Vize-Präsidentin Die Junge Mitte Schweiz, dass Männer und Frauen mit Kindern erwerbstätig sein können und reduzierte Arbeitspensen möglich sein sollten. Damit sich das steuerlich lohnt, spricht sie sich für eine Individualbesteuerung aus. Eine weitere Lösung sieht sie darin, dass Beiträge in die 2. Säule wie diejenigen für die AHV bereits ab 18 Jahren statt erst ab 25 Jahren einbezahlt werden können. Damit würden Frauen frühzeitig in die Pensionskasse einzahlen und allfällige Unterbrüche durch spätere Kinderbetreuung besser überbrücken können.

Dr. Lukas Müller-Brunner, Geschäftsleitungsmitglied des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, meinte, aus der Perspektive des heutigen Fachkräftemangels wäre es am besten, wenn Frauen und Männer 100% arbeiten würden. Heute sei allerdings die Besteuerung so, dass sich das nicht lohnen würde, vor allem für Paare mit Kindern, die auch Kita-Plätze bezahlen müssten. Eine weitere Schwierigkeit sieht er bei der Beitragsgrenze: In die 2. Säule einzahlen kann man erst ab einem Jahres-Einkommen von CHF 22'000 – pro Arbeitsverhältnis.
Rebekka Renz, Dr. Lukas Müller-Brunner, Moderator Raphael Prinz, Tina Deplazes und Jackie Bauer

Podiumsdiskussion mit (von links): Rebekka Renz, Dr. Lukas Müller-Brunner, Moderator Raphael Prinz, Tina Deplazes und Jackie Bauer
Rebekka Renz, Ökonomin und Vizepräsidentin Luzerner Pensionskasse, findet es wichtig, sich mit dem Arbeitgeber zu einigen und mit dem Partner über den "Preis der Liebe" zu sprechen. Sie glaubt, dass sich viele Frauen nicht bewusst sind, welche langfristigen Auswirkungen ein tiefes Einkommen und Teilzeitarbeit im Rentenalter haben können. Ihrer Ansicht nach sollte die Kinderbetreuung wie andere Arbeit auch bezahlt werden.

Jackie Bauer sprach weitere Herausforderungen an: So könnten Erziehungsgutschriften eingeführt oder die AHV-Rente erhöht werden. Beides müsse man aber auch finanzieren können.

In der Diskussion wies das Publikum auf weitere kritische Punkte hin. Beispielsweise, dass unbezahlte Arbeit nicht verschwindet, wenn die Frauen 100% arbeiten. Oder dass viele Frauenberufe schlecht bezahlt sind. Bei den gut bezahlten Jobs wählen die Arbeitgeber lieber einen Mann als eine Frau, die schwanger werden könnte. Zudem sind viele Frauen mit Kindern in der Zwickmühle: Sie können sich keine Kita leisten, aber sie können es sich auch nicht leisten, nicht zu arbeiten und die Kinder selbst zu betreuen.

Zusammenfassend meinte Heidi Hauenstein, Präsidentin der Frauenzentrale Zug, dass sie an diesem Abend viel gelernt habe. Die Bevölkerung müsse mehr sensibilisiert werden für das Thema. Und es brauche flexiblere Arbeitszeitmodelle.
 
Diskussionsteilnehmer am Gender Pension Gap

Rebekka Renz, Dr. Lukas Müller-Brunner, Raphael Prinz, Tina Deplazes, Jackie Bauer, Jasmin van den Heuvel (Präsidentin BPW Club Zug), Alice Keller (Vorstand Fauenzentrale Zug) und Heidi Hauenstein (Präsidentin Frauenzentrale Zug) (von links)
Weitere Infos zum Thema könnt Ihr hier herunterladen:
Gender Pension Gap: Weiterführende Informationen
Slides von Jackie Bauers Vortrag

Text: Isabelle Kern und Jasmin van den Heuvel
Fotos: Isabelle Kern